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Kapitel 6 (b)

6.1 Wirtschaftliche Werte freier Software

Die produzierenden Unternehmen sind nicht die einzigen Organisationen, die an der Wirtschaft beteiligt sind. Ihr Verlauf wird vielmehr durch das Zusammenspiel von Produzent, Handel, Dienstleistungsgewerbe und Konsument bestimmt. Also müssen die wirtschaftlichen Werte von freier Software bezüglich aller Gruppen analysiert werden. Während der Konsument - in der IT-Branche also der Anwender - bereits seit langer Zeit ihren Gebrauchswert kennt, ist die Industrie erst vor ein paar Jahren auf sie als Geldquelle aufmerksam geworden.

Mit der erfolgreichen Etablierung der Marken "Open Source" und "Linux" kam zum reinen Gebrauchswert auch ein Verkaufs- und Marktwert hinzu, die man in Geld aufzuwiegen versuchte. Das Betriebssystem Linux bietet heute eine solide Grundlage für ein gutes Geschäft mit freier Software in der Computerindustrie.

6.1.1 Gebrauchswert

Der Gebrauchswert von freier Software ist sehr hoch und wurde in den vorhergehenden Kapiteln bereits ausführlich behandelt. Nachdem sie schon lange Zeit als IT-Infrastruktur auf Servern in kritischen Produktionsumgebungen von Firmen eingesetzt wird, findet sie mittlerweile auch auf dem PC des Privatanwenders Gebrauch. Die freie Verfügbarkeit und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Modifikation und Integration führen zu einem abgestimmten System. Daß Unternehmensabläufe oft an eine einzuführende (proprietäre) Software angepaßt werden müssen und nicht umgekehrt, ist leider immer noch Alltag. Hier kann freie Software Abhilfe schaffen.

Ähnlich den beliebten Multifunktions-Heimwerk-Geräten können freie Programme auf spezielle Einsatzgebiete abgestimmt und angepaßt werden, ohne so funktionsüberladen wie manche nicht-freie Software zu sein. Aber auch ohne Anpassungen wird ein sehr breites Anwendungsspektrum abgedeckt.

Freie Software kann ohne zeitliche oder andere Benutzungseinschränkungen angewendet werden, ohne dabei gekauft werden zu müssen. Kostenfreie Direktvergleiche zwischen einzelnen Programmen inklusive Tests sind möglich. Statt Preis oder Marktmacht des Herstellers wird die Qualität und der Funktionsumfang zum Hauptargument der Entscheidung für oder gegen eine Software.

6.1.2 Verkaufswert

Im Vergleich zur proprietären Software hat ihr freies Gegenstück einen niedrigen Verkaufswert. Freie Verfügbarkeit und uneingeschränkte Vervielfältigung führt zu einer schnellen Verbreitung. Statt Mangel herrscht Überfluß, und für ein Gut im Überfluß ist der Preis gering. Das Verkaufsargument von freier Software liegt in den Dienstleistungen, die sie umgeben. Zusammenstellung von Komponenten zu einer Distribution mit vereinfachter Handhabung und nützliche Erweiterungen, Installations- und Benutzerservice sind nicht in Überfülle vorhanden, haben also einen Verkaufswert.

6.1.3 Marktwert

Seit der weiten Verbreitung von Linux und des Begriffs Open Source hat freie Software einen nicht zu unterschätzenden Marktwert erhalten. Die Kampagne der Open Source Initiative erreicht zwar auch die Techniker, aber vielmehr die leitenden Manager der Unternehmen und stellt heute, ob gewollt oder nicht, den Gegenpol zu Microsoft dar. Red Hat, S.u.S.E. und andere Firmen im Open-Source-Geschäft etablierten erfolgreich die Marke Linux, die heute fast täglich in der Presse auftaucht. Mit dem stark gestiegenen Bekanntheitsgrad von Linux wuchs auch der Marktwert anderer Open-Source-Produkte wie Apache und Perl.

"The Open Source developement model is missing a vital marketing component. What marketing is supposed to do is take customer input and drive it into products. If you just build what engineers say, you may not get the right product." - Jim Allchin, Microsoft

Venture-Capital-Firmen entdecken derzeit das Marktpotential von freier Software. Sie investieren hohe Beträge in Red Hat und andere Open-Source-Unternehmen, entwickeln neue Finanzierungsmöglichkeiten (sourceXchange, Red Hat Open Source Center) und helfen so der einst rein akademischen, freien Software-Gemeinde, zu einer neuen Branche in der Industrie zu werden.

6.1.4 Weitere Werte

Durch Geheimhaltung des Quellcodes, strenge Copyrights, Schutz geistigen Eigentums und Software-Patentierung wächst die Gefahr der Monopolbildung. Zahlreiche Konzerne haben schon oft in der Vergangenheit ihre beherrschende Marktposition unrechtmäßig ausgenutzt. Jeder Hersteller proprietärer Software hat ein Monopol auf seine Software, deren Preis er bestimmen kann, egal ob es sich dabei nur um das rein binäre Programm mit einer oder mehreren Lizenzen, oder auch um Wartungs- und Serviceverträge handelt.

Freie Software hingegen wirkt der Bildung von Monopolen entgegen. Da keine Abhängigkeiten zum Hersteller mehr bestehen, kann der Kunde frei wählen. Es gibt keinen Hersteller im üblichen Sinne, weshalb er auch nicht Konkurs anmelden, seine Produktzyklen ändern oder sich aus einem Marktsegment zurückziehen kann. Dieser Investitionsschutz und viel mehr noch: die Kontrolle des Kunden über die Software sind die einzigartigen Argumente von Open Source. Dem gegenüber steht die fehlende Garantie und Gewährleistung. Ein nicht vorhandener Hersteller kann nicht haftbar/verantwortlich gemacht werden und somit auch nicht als "Sündenbock" dienen.

Mit dem Bildungswert von freier Software, der in Schulen und Universitäten hoch geschätzt wird, gelangen qualifizierte Absolventen auf den Arbeitsmarkt. Während ihres Studiums waren sie in der Lage, jeden Winkel von Open-Source-Programmen zu erforschen, weil Quelltexte und Schnittstellen offenlagen. Diese ungemein nützlichen Kenntnisse werden nun in die Unternehmen getragen.


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