DBUS! Deutschland
Enterprise Information Portal
Start | Inhalt | Weiter | Zurück

Kapitel 5 (f)

5.2.3.3 Organisation und Koordination

Die Organisation von hunderten oder mehr auf der ganzen Welt verteilten Entwicklern wäre aus der Sicht einer Führungsperson eines Unternehmens eine äußerst schwierige Aufgabe, denn die dort üblicherweise streng hierarchische Struktur, die durch top-down-Entscheidungen geprägt ist, skaliert mit der Anzahl der involvierten Personen nur schlecht. So ist es nicht verwunderlich, daß sich die Hacker-Gemeinde anderen, lockeren Organisationsformen bedient, die sich im Laufe der Zeit mehr oder weniger selbst entwickelten. Autarke Gruppen, "wohlwollende Diktatoren" (benevolent dictator) oder Komitees sind Ausprägungen dieser Formen.

Linus Torvalds stellt ein Exemplar des wohlwollenden Diktators dar, der als Hauptkoordinator mehrere Gruppen von vertrauten Kernentwicklern, die für bestimmte Arbeitsgebiete (Netzwerk, Gerätetreiber usw.) zuständig sind, organisiert. Er überwacht und entscheidet, welche Fehler für das nächste Release behoben und welche Änderungen durchgeführt werden. Er erhält Patches und integriert sie in eine neue Version, die er veröffentlicht [41]. Die Sichtung aller Beiträge gehört zusammen mit ihrer Integration zu den zeitaufwendigsten Arbeiten der freien Softwareentwicklung und ist einer ihrer Nachteile.

Trotz solch vielfältiger und schwerer Aufgaben lastet auf dem Projektleiter kein großer Druck. Er erhält in der Regel von allen Seiten Unterstützung und genießt zudem großes Ansehen, wenn die Gemeinde seine Entscheidungen einhellig nachvollziehen kann. Wenn diese aber fehlendes Talent und mangelnde Objektivität des Oberhaupts erkennt, dann wird sie einen kompetenteren Nachfolger fordern.

Ein etwas anderes Modell verfolgt die Apache Software Foundation, an deren oberster Stelle ein Komitee von Entwicklern und Managern steht, die durch Abstimmungen den weiteren Werdegang der Software bestimmen. Sehr viele der getroffenen Entscheidungen betreffen die technische Seite des Projekts in kurz- oder mittelfristiger Hinsicht. Marktpolitische Beschlüsse wie in der Industrie sind eher selten. Trotzdem ist eine starke Verbindung zum Kunden/Anwender vorhanden, vornehmlich dadurch bedingt, daß dieser sich häufig aktiv am Projekt beteiligt.

Entfernt man sich weiter vom Zentrum der Entwicklung, so findet man oftmals selbstorganisierende Gruppen aus den verschiedensten Bereichen, die nicht nur einfaches Bug-Fixing betreiben, sondern auch eigene, hochkomplexe Softwarekomponenten erstellen und diese zum Projekt beitragen, also gewissermaßen bottom-up agieren.

"Authority follows resonsibility. If you're willing to take responsibility, you have the authority to make decisions." - Eric Raymond

Einfluß auf Entscheidungen kann derjenige nehmen, der wertvolle Beiträge leistet, die die Entwicklung voranbringen. Durch ungeschriebene Verhaltensregeln, die jeder Hacker im Laufe der Zeit in der Gemeinschaft lernt und achtet, kommt es selten zu Konflikten.


Start | Inhalt | Weiter | Zurück

Kommentare, Anregungen, Berichtigungen, Verbesserungsvorschläge oder anderes Feedback an info@dbus.de